Von Frank W. Haubold
Hallo Greta,
Du hast erst dieser Tage in New York eine Rede gehalten, die man wohlwollend als „sehr emotional“ oder weniger freundlich als „hysterisch und anmaßend“ beschreiben könnte. Ich weiß nicht, ob Du den Text selbst entworfen hast, aber das spielt letztlich auch keine Rolle, denn indem Du ihn vorgetragen hast, ist er untrennbar mit Deinem Namen und Deiner Person verbunden. Du sagtest eingangs: „Das hier ist alles falsch, ich sollte hier nicht sein, ich sollte zurück in der Schule sein auf der anderen Seite des Ozeans…“.
Du hast erst dieser Tage in New York eine Rede gehalten, die man wohlwollend als „sehr emotional“ oder weniger freundlich als „hysterisch und anmaßend“ beschreiben könnte. Ich weiß nicht, ob Du den Text selbst entworfen hast, aber das spielt letztlich auch keine Rolle, denn indem Du ihn vorgetragen hast, ist er untrennbar mit Deinem Namen und Deiner Person verbunden. Du sagtest eingangs: „Das hier ist alles falsch, ich sollte hier nicht sein, ich sollte zurück in der Schule sein auf der anderen Seite des Ozeans…“.
Das ist richtig, aber
aus ganz anderen Gründen, als Du sie benennst, denn Du solltest tatsächlich
besser wieder zur Schule gehen, nicht nur wegen des dort vermittelten Wissens,
sondern auch um nicht noch tiefer in den Abgrund aus falschen Gewissheiten,
Zwangsvorstellungen, Selbstüberhöhung und Sendungsbewusstsein zu geraten, der
dich anderenfalls nie wieder freigeben wird.
Deine Kindheit
Du sagst weiter: „Wie
konntet Ihr es wagen, meine Träume und meine Kindheit zu stehlen mit Euren
leeren Worten?“ Ich mag die meisten Politiker auch nicht, Greta, aber Deine
Träume haben Sie ganz gewiss nicht gestohlen und Deine Kindheit auch nicht.
Du bist in einem
behüteten Elternhaus aufgewachsen, in einem vergleichsweise reichen Land wie
Schweden. Du musstest niemals hungern wie Millionen Kinder auf dieser Welt,
musstest keine Krankheiten fürchten, weil Deine Familie kein Geld für
Medikamente hat. Du bist frei von Krieg und Verfolgung aufgewachsen und
musstest niemals fürchten, dass plötzlich bewaffneten Männer die Tür eintreten,
Deinen Vater erschlagen, Deine Mutter vergewaltigen und Dich in ein Lager als
Sexsklavin verschleppen. Das ist kein erdachtes Horrorszenario, sondern brutale
Realität in Ländern wie Syrien oder dem Irak.
Aber selbst wenn wir
im vergleichsweise zivilisierten Europa bleiben: Wie kannst Du es wagen, von
einer „gestohlenen Kindheit“ zu sprechen angesichts von Millionen wirklich armen
Kindern, schwerkranken Kinder, Kindern, die körperliche und sexuelle Gewalt
erleiden in ihrer brutalsten Form? Ganz in der Nähe meiner Heimatstadt wurde
erst kürzlich ein neunjähriges Mädchen von einem abgelehnten Asylbewerber
vergewaltigt. Diesem Mädchen und vielen anderen – auch in Schweden – wurde die
Kindheit gestohlen, nicht Dir!
Weiter führst Du aus:
„Wir stehen am Anfang eines Massenaussterbens und alles, worüber Ihr reden
könnt, ist Geld und die Märchen von einem für immer anhaltenden wirtschaftlichen
Wachstum – wie könnt Ihr es wagen?“ Nun kann man eine ausschließlich am
wirtschaftlichen Wachstum orientierte Politik durchaus und berechtigt
kritisieren, wenn dafür die Umwelt und die natürlichen Ressourcen auf der
Strecke bleiben. Aber Deine Behauptung vom bevorstehenden „Massenaussterben“
hat dennoch keinerlei rationale Basis, denn sie widerspricht allen
wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Dein
Horrorszenario
Da Du mir das
natürlich nicht glauben wirst, zitiere ich die Antwort des renommierten Wissenschaftlers
Prof. Marotzke, der auch für das IPCC arbeitet, auf die Frage des SPIEGEL nach
Schwellwerten, oberhalb derer irreversible (unwiderrufliche) Prozesse beginnen:
„Wir können das nicht
ausschließen, aber die Belege für solche Kipp-Punkte sind bisher eher schwach.
Am ehesten könnte eine Erwärmung von 2 Grad dazu führen, dass der grönländische
Eispanzer abschmilzt, wodurch der Meeresspiegel langfristig um sieben Meter
anstiege – das wäre eine höchst dramatische Veränderung. Aber selbst wenn es
dazu käme, würde sich das Abtauen über 3000 Jahre hinziehen. Alle anderen
angeblichen Kipp-Punkte wie das Versiegen des Golfstroms oder das Abschmelzen
der Westantarktis sind auf absehbare Zeit unwahrscheinlich.“[1]
Diese fachlich
wohlbegründete Aussage führt alle Horrorszenarien, wie sie von Dir und Deinen
Unterstützern verbreitet werden, ad absurdum, denn eine tatsächliche Gefahr
geht nur von irreversiblen Veränderungen aus. Ich könnte es auch härter
formulieren: Die menschheitsbedrohende Klimakatastrophe, die seit Jahr und Tag
Dein Denken beherrscht und Dir den Schlaf raubt, existiert nur in Deinem Kopf!
Das bedeutet
keineswegs, dass wir die Dinge einfach so weiterlaufen lassen können, denn der
von Menschen verursachte CO2-Anstieg in der Atmosphäre ist eine unbestreitbare
wissenschaftliche Tatsache. Die Folgen allerdings für Temperatur und Klima sind
durchaus umstritten, denn die für deren Ermittlung verwendeten Modelle sind
erstens grob vereinfachend und zweitens enorm fehleranfällig.
Deine Reife
Du fährst in Deiner
Rede fort: „Wie könnt Ihr es wagen zu glauben, dass man das lösen kann, indem
man so weiter macht wie bislang – und mit ein paar technischen Lösungsansätzen?
Ihr seid immer noch nicht reif genug zu sagen, wie es wirklich ist.“ Hier sei
mir der Einwand gestattet, dass es wohl doch eher Du bist, die noch nicht „reif
genug“ ist, die wissenschaftlichen und ökonomischen Zusammenhänge zu verstehen.
Das ist kein Vorwurf, denn mit 16 Jahren kann man die Komplexität der
relevanten Sachverhalte noch gar nicht erfassen, erst recht nicht, wenn man
durch eine psychische Störung (Asperger-Syndrom)[2] gehandicapt ist. Aber Dein Vorwurf an
uns, die Älteren, ist schon allein deswegen ungerecht, weil viele Maßnahmen zur
Senkung des CO2-Ausstoßes schon vor vielen Jahren ergriffen wurden und zwar
völlig ohne den Einfluss von FFF oder ähnlichen Bewegungen. So sank der
CO2-Ausstoß des Industrielandes Deutschland seit 1990 um 30,6%. Und es ist
schon mehr als anmaßend und selbstgerecht, diese aufwändigen Bemühungen zu
diskreditieren.
In anderen Ländern
(China, Indien) läuft die Entwicklung entgegengesetzt, was für Dich und Deine
Berater aber offenbar kein Grund ist, dort mit ultimativen Forderungen
vorstellig zu werden. Der Grund ist ganz einfach, auch wenn es vielleicht weh
tut: Man würde Euch dort schlicht und ergreifend auslachen.
Deine Rolle
Und genau deshalb
ziehst Ihr es auch vor, vorwiegend Deutschland heimzusuchen, weil Eure Anhängerschaft
dort am größten ist und die Medien am unkritischsten. Das ist menschlich
verständlich, aber ich muss Dir leider sagen, dass auch in Deutschland viele
Menschen Deiner penetranten und selbstgewissen Belehrungen leid sind, vor allem
jene, die im Gegensatz zu Dir und Deinem Anhang ihren Lebensunterhalt hart
erarbeiten müssen.
Natürlich wird mein
Brief, sofern Du ihn überhaupt zu sehen bekommst, nichts an Deinem Engagement
ändern, dafür hast Du Dich schon zu weit von der Normalität eines 16-jährigen
Schulmädchens entfernt. Und es ist ja auch schmeichelhaft, von den Großen und
Mächtigen dieser Welt bis hin zum Papst umworben und mit Preisen überhäuft zu
werden. Berühmtheit ist eine Verlockung, der sich auch Erwachsene kaum
entziehen können und wollen.
Nur solltest Du Dich
von der Vorstellung trennen, dass jene Politiker, Berater und Mäzene, die Dir
heute auf die Schultern klopfen und Dich in Deinem Eifer bestärken, tatsächlich
an Deinem Wohlergehen interessiert sind. Viel eher benutzen sie Dich als Aushängeschild
und Gallionsfigur für ihre eigenen Interessen, die alles andere als klima- oder
auch nur menschenfreundlich sind. Ich kann nur hoffen, dass Du das irgendwann
selbst erkennst, auch wenn es schmerzlich ist.
Mit nachdenklichen Grüßen
Frank W. Haubold
Mit nachdenklichen Grüßen
Frank W. Haubold
Frank W. Haubold wurde 1955 in Frankenberg
(Sachsen) geboren. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Informatik
und Biophysik
in Dresden
und Berlin.
Seit 1989 schreibt er Romane, Erzählungen und Kurzgeschichten unterschiedlicher
Genres.