Der ewige Irrtum
Klimakiller DDR
Von Hubertus Knabe
Fr, 20. September 2019
Zum
dritten Mal haben Klimaaktivisten zu einem weltweiten Klimastreik aufgerufen.
Viele Anhänger der Bewegung Fridays for Future machen den Kapitalismus für die
Erderwärmung verantwortlich – zu Unrecht, wie die Geschichte zeigt.
Stolz
haben sich die jungen Leute vor dem Berliner Reichstag postiert, vor sich ein
mannshohes Transparent, auf dem in riesigen Lettern steht: „CAPITALISM KILLS“.
Sie protestieren gegen die ihrer Ansicht nach mangelhaften Bemühungen der
deutschen Regierung, den Ausstoß von Kohlendioxid zu senken. Auch viele andere
Aktivisten der Fridays for Future-Bewegung sind der Meinung, dass der
Kapitalismus Schuld an den CO2-Emissionen trage, die für eine schleichende
Erderwärmung verantwortlich gemacht werden. Das „deutsche Gesicht“ der Bewegung,
Luisa Neubauer, erklärte zum Beispiel, es sei „eine zentrale Frage, ob der
Kapitalismus, den wir gerade erleben, und Klimaschutz vereinbar“ seien. Und in
Köln demonstrierten Klimaaktivisten unter dem Slogan „Burn Capitalism – Not
Coal“.
Die jüngere deutsche Geschichte legt indes eine andere
Schlussfolgerung nahe. Einer der größten Klimakiller der Welt war nämlich ein
Land, das den Kapitalismus abgeschafft hatte – die DDR. Mit bis zu 21 Tonnen
jährlich lag sie beim Pro-Kopf-Ausstoß des Treibhausgases Ende der 1980er Jahre
noch vor den USA. Als schließlich die Marktwirtschaft Einzug hielt, gingen die
CO2-Emissionen rapide zurück: von 333 Millionen Tonnen im Jahr 1989 auf 164
Millionen Tonnen im Jahr 1995. Auch in anderen Staaten des früheren Ostblocks verringerte
sich der Ausstoß signifikant, als diese kapitalistisch wurden.
Dasselbe Bild ergibt sich bei der Belastung der Gewässer. Fast die
Hälfte aller größeren Flüsse in der DDR war 1989 biologisch tot. 70 Prozent
durften nicht mehr für die Trinkwassergewinnung genutzt werden. Knapp die
Hälfte der DDR-Bewohner erhielt beim Aufdrehen des Wasserhahns zeitweise oder
ständig kein sauberes Trinkwasser. Verantwortlich dafür war der hohe Eintrag
von Stickstoff, Phosphor, Schwermetallen und anderen Schadstoffen in die
Gewässer – der nach dem Beitritt zur Bundesrepublik massiv zurückging.
Wie viele Klimaaktivisten heute vertrat die DDR-Führung die Auffassung,
dass nur die Abschaffung des Kapitalismus die Umweltprobleme lösen könne.
Verantwortlich für den rücksichtslosen Umgang mit der Natur sei die Profitgier
der Konzerne, an deren Stelle gesamtgesellschaftliche Vernunft und Planung
treten müsse. Dies sei nur im Sozialismus möglich.
Dass es in Wirklichkeit genau umgekehrt war, ist vielen jungen
Leuten nicht bekannt. Im Schulunterricht spielt die DDR so gut wie keine Rolle.
Dabei bietet sie einige Lehren, die auch heute noch relevant sind. So führte die
Abschaffung des Profitstrebens zu wachsender Innovationsträgheit und geringer
Produktivität. An die Stelle erfinderischer Unternehmer trat eine gigantische
Planbürokratie. Die Folge war nicht nur, dass die meisten DDR-Produkte
international nicht wettbewerbsfähig waren. Auch ihre Industrieanlagen oder
Verkehrsmittel waren stark veraltet – und entsprechend umweltschädlich.
Aufgrund der wirtschaftlichen Ineffizienz herrschte in der DDR
zudem ein eklatanter Mangel an menschlichen und materiellen Ressourcen. Für
Investitionen in moderne Umwelttechnologien war deshalb kein Spielraum. Kein
einziges Großkraftwerk war zum Beispiel mit Entschwefelungsanlagen ausgestattet
und fast ein Viertel der industriellen Abwässer wurde ohne jede Klärung in die
Gewässer eingeleitet. Von den Haushaltsabwässern wurde sogar nur rund die
Hälfte gereinigt. Die dringend benötigten Umweltanlagen konnte die DDR auch
nicht im Ausland kaufen, da sie auf dem Weltmarkt kaum Devisen erwirtschaftete.
Ihre Devisenknappheit war zugleich der Grund, warum sie rund 70 Prozent ihres
Primärenergieverbrauchs aus extrem umweltschädlicher Braunkohle deckte.
Das Beispiel der DDR zeigt aber noch etwas andere: Wer die
wirtschaftliche Freiheit abschaffen will, muss auch die politische Freiheit
einschränken. Denn wenn der Staat den Menschen vorschreiben will, was sie zu
tun oder zu lassen haben, muss er entsprechende Zwangsmittel einsetzen. Um das
private Gewinnstreben auszuschalten, muss er den Menschen ihr Eigentum nehmen,
ihre Aktivitäten überwachen und sie bei Verstößen bestrafen. Formiert sich
Widerstand, muss er die Repression verschärfen – der typische Weg in die
totalitäre Diktatur.
Auf dem Gebiet des Umweltschutzes bedeutete dies in der DDR, dass
Umweltdaten einer extremen Geheimhaltung unterlagen. Bereits die Erhebung von
Messwerten war genehmigungspflichtig. Unabhängige Umweltinstitute oder
Umweltorganisationen, wie sie im Kapitalismus selbstverständlich sind, waren im
Sozialismus undenkbar. Nur unter dem Dach der Kirchen konnten sich einige kleine
Umweltgruppen versammeln, die vom Ministerium für Staatssicherheit massiv
unterwandert und verfolgt wurden. Eine regierungskritische Bewegung wie Fridays
for Future wäre in der DDR schon im Keim erstickt worden.
Dieser
Beitrag ist zuerst bei hubertus-knabe.de erschienen.
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