Liebe Greta Thunberg,
Hut ab – mit Deinem Auftritt vor der UNO hast Du vor wenigen Tagen ein gewaltiges Presseecho bekommen. „Ihr habt mit Euren leeren Worten meine Träume und meine Kindheit geklaut“ hast Du dort unter anderem gerufen. Und hinterhergeschickt: „Wir werden euch niemals verzeihen!“
Hut ab – mit Deinem Auftritt vor der UNO hast Du vor wenigen Tagen ein gewaltiges Presseecho bekommen. „Ihr habt mit Euren leeren Worten meine Träume und meine Kindheit geklaut“ hast Du dort unter anderem gerufen. Und hinterhergeschickt: „Wir werden euch niemals verzeihen!“
Sorry, aber das ist großer Blödsinn. Und diejenigen, die Dir Deine
Manuskripte schreiben und mit Dir Deine Auftritte üben, wissen das: Niemand hat
Dir jemals irgendetwas geklaut. Du hattest eine glückliche, unbeschwerte
Kindheit in einem der sichersten und saubersten Länder der Erde. Du konntest
träumen, wovon Du wolltest. Du hattest das Glück, nie erfahren zu müssen, was
Hunger, Leid, Krankheit und Tod ist. Du gehörst zu den jungen Menschen, die von
ihrer Vorgänger-Generation so viel geschenkt bekommen hat und so verwöhnt
worden ist wie noch keine zuvor. Der Klimawandel hatte nicht den geringsten
Einfluss auf Dein Leben. „Gestohlene Träume“ oder eine „geraubte Kindheit“ sind
Sprechblasen, die die Presse liebt – aber wenn man etwas genauer hinsieht, sind
sie genauso hohl und inhaltsleer wie die von den Leuten, die Du angreifst. Und
sie werden durch Wiederholungen nicht besser.
Ihr seid jung und ungestüm; Ihr habt das Recht, andere zu
kritisieren und mal über ein Ziel hinausschießen. Du hast auch zweifellos etwas
angestoßen: Bei Deiner Generation, die jetzt wenigstens zeitweise mal vom Handy
aufschaut und feststellt: Da gibt es ja noch was anderes außer mir. Aus dieser
Bewegung könntet Ihr jetzt etwas machen – wenn Ihr wollt.
Aber vieles von dem, was Ihr derzeit tut – und Du in der ersten
Reihe – ist vor allem respektlos: Die Fehler Einzelner lastet Ihr pauschal
Milliarden von Menschen an und verurteilt einfach alles als schlecht, was
andere vor Euch gemacht haben – noch bevor Ihr selbst bewiesen habt, dass Ihr
irgendwas davon besser könnt. Damit müsst Ihr nicht warten, bis Ihr erwachsen
und Ingenieure oder Politiker seid: Bäume pflanzen, Wälder und Küsten
entmüllen, mit dem Fahrrad in die Schule fahren und verantwortungsvoll
konsumieren könnt Ihr schon heute! Jammern und fordern und andere beschimpfen
verbessert nämlich nicht das Geringste – wann fangt Ihr an, SELBST etwas zu
TUN?
Du hast das Privileg, eine Schule Deiner Wahl besuchen und jeden
Beruf ergreifen zu dürfen, der Deinen besonderen Fähigkeiten entspricht – und
Du wirfst dieses Geschenk, um das Dich mindestens eine Milliarde junger
Menschen in aller Welt beneiden, einfach weg? Wie und wovon willst Du leben in
jener - angeblich – besseren Welt, die Du Dir erträumst? Willst Du sie nur
serviert kriegen oder wirst Du auch selbst etwas dafür tun?
In unserer Kindheit und Jugend – nach einem schrecklichen Krieg
und dem anschließenden Wiederaufbau – spielte Klima- und Umweltschutz noch
keine große Rolle. Aber seit den 70er Jahren wurde seine Wichtigkeit erkannt
und umgesetzt: Von -zig Millionen von Menschen in aller Welt (die meisten von
ihnen waren nicht so privilegiert wie Du), die Du jetzt einfach pauschal
verurteilst und der Untätigkeit oder gar der vorsätzlichen Schädigung der
Umwelt beschuldigst. Die Medien freuen sich darüber - aber es ist einfach
respektlos.
Du und Deine Generation habt noch nicht wirklich etwas für Klima-
und Umweltschutz geleistet; nur davon profitiert. Das müsst Ihr auch nicht; Ihr
seid noch jung, und wie Ihr Eure Zukunft gestaltet, wenn Ihr demnächst mehr
dafür tun müsst als die Schule zu schwänzen und ein paar Transparente zu
schwenken, wird man sehen. Ich werde es aufmerksam beobachten.
Ich habe zwei Kinder ins Leben begleitet und viel für den
Umweltschutz und die Zukunft getan – als ich eine hatte. Heute lebe ich in
meiner ehemaligen Zukunft (der Gegenwart) und freue mich über das gemeinsam mit
vielen anderen Menschen Erreichte. Deshalb ein Rat von einem „alten weißen Mann“:
Hol‘ Dir Deine Kindheit und Jugend zurück. Jetzt. Geh‘ wieder zur Schule, mach‘
einen Abschluss, reise (mit welchem Verkehrsmittel auch immer; dafür sind sie
da) durch die Welt, sei neugierig, verbring‘ viel Zeit mit Freunden, verliebe
Dich, sei unvernünftig, beginne ein Studium und werde irgendwann die weltbeste
Umwelt-Ingenieurin, wenn es tatsächlich Dein Traum ist, etwas zu verändern und
nicht nur darüber zu reden.
Denn von allem anderen bleibt höchstens heiße Luft - und selbst
die wird kalt. Es wäre schade, wenn die Welt sich irgendwann nur an das Mädchen
aus Schweden erinnern würde, das zwar ein paar Monate oder Jahre lang viel
gesagt und gefordert, aber am Ende nichts aus seinem Leben gemacht hat.
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