"Zentraler Denkfehler"
Worauf es bei der Klimapolitik
ankommt
Ein
Gastbeitrag von Carsten Linnemann und Oswald Metzger
Der Erfolg der deutschen Klimapolitik entscheidet sich nicht an deutschen Fleischtheken oder in den Heizungskellern. Vielmehr braucht Berlin weltweit Verbündete, um die globalen CO2-Emissionen zu reduzieren. Das Klima interessiert sich nicht für Landesgrenzen.
Im Wochenrhythmus kreisten im Sommer neue Ideen
zum Klimaschutz durch die Lande: von Verboten für innerdeutsche Flüge über
höhere Steuern auf Fleisch bis hin zu neuen CO2-Steuern auf Benzin, Diesel und
Heizöl. Die Panik, die Greta Thunberg nach eigenem Bekunden auslösen wollte,
hat sie ausgelöst. Nicht nur bei vielen Bürgern, deren Sorge vor den Folgen des
Klimawandels massiv zugenommen hat, sondern auch bei Politikern und Parteien,
die einen regelrechten Überbietungswettbewerb führen, um als Klimaretter
wahrgenommen zu werden.
Dieser klimapolitische Aktionismus leidet jedoch
an einem zentralen Denkfehler: Der Erfolg der deutschen Klimaschutzbemühungen
entscheidet sich weniger an deutschen Fleischtheken oder in Heizungskellern als
vielmehr beim Europäischen Rat oder auf der nächsten UN-Klimakonferenz. Bei
allem, was Politik, Unternehmen und Bürger in Sachen Klimaschutz hierzulande
machen, kommt es entscheidend darauf an, wie der Rest der Welt darauf reagiert.
Zur Erinnerung: Über 97 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes werden außerhalb
Deutschlands emittiert. Das Klima interessiert sich nicht für Landesgrenzen,
kluge Klimapolitik sollte es genauso wenig tun.
Wenn wir nun unsere Kohlekraftwerke so schnell wie möglich abschalten wollen, erneuerbare Energien massiv subventionieren oder CO2-Steuern einführen, dann spart das allein noch kein CO2 ein. Dafür ist Deutschland - zum Glück - viel zu sehr mit unseren europäischen und internationalen Partnern über gemeinsame Märkte und Handelssysteme verbunden. Ergo: Wenn bei uns die Nachfrage nach Rohöl oder nach Emissionszertifikaten rückläufig ist, sinken die jeweiligen Preise und das Rohöl findet in China oder das Emissionszertifikat in Polen dankbare Abnehmer. Wenn wir im nationalen Alleingang unsere energieintensiven Industrien signifikant belasten, verlagern diese ihre Produktionsstätten ins Ausland - ein Trend, den wir wegen der hohen Strompreise bereits seit Jahren registrieren.
Wenn wir nun unsere Kohlekraftwerke so schnell wie möglich abschalten wollen, erneuerbare Energien massiv subventionieren oder CO2-Steuern einführen, dann spart das allein noch kein CO2 ein. Dafür ist Deutschland - zum Glück - viel zu sehr mit unseren europäischen und internationalen Partnern über gemeinsame Märkte und Handelssysteme verbunden. Ergo: Wenn bei uns die Nachfrage nach Rohöl oder nach Emissionszertifikaten rückläufig ist, sinken die jeweiligen Preise und das Rohöl findet in China oder das Emissionszertifikat in Polen dankbare Abnehmer. Wenn wir im nationalen Alleingang unsere energieintensiven Industrien signifikant belasten, verlagern diese ihre Produktionsstätten ins Ausland - ein Trend, den wir wegen der hohen Strompreise bereits seit Jahren registrieren.
Wer die weltweiten Treibhausgasemissionen senken
will, braucht dreierlei:
1. Verbündete
für eine europäisch und global angelegte Klimapolitik
Eine Klimapolitik, der es
nicht um eine aufgehübschte nationale Klimabilanz, sondern um die zielsichere
Reduktion der weltweiten CO2-Emissionen geht, kommt an einem globalen
Emissionsrechtehandel nicht vorbei. Jede Maßnahme muss sich daran messen
lassen, ob sie uns einem solchen System näherbringt. Der Emissionsrechtehandel
hat sich nicht nur in der EU, sondern in einer weiterwachsenden Zahl an Ländern
weltweit bewährt. Er ist technologieneutral und reizt die Marktteilnehmer dazu
an, innovative Wege zum Schutz des Klimas zu finden. Den Verkehrs- und
Wärmesektor in den EU-Emissionsrechtehandel einzubeziehen, wäre ein wichtiger
Schritt zu einer globalen Lösung für ein globales Problem. Deutschland könnte
dazu einen Antrag bei der Kommission stellen oder zunächst mit einer Koalition
der Willigen ein zweites Handelssystem einrichten. In jedem Fall sollten wir
damit beginnen, das europäische Emissionshandelssystem mit anderen Systemen zu
verknüpfen. Dieser Weg ist besser, effizienter und klimapolitisch
wirkungsvoller als eine rein nationale CO2-Steuer.
2. Nachahmer
einer klugen Anreizpolitik
Deutschland praktiziert den
Doppelausstieg aus Kern- und Kohleenergie. An vielen Stellen setzen wir auf
Verbote und Vorschriften, subventionieren mit riesigen Summen die Wind- und
Sonnenenergie und bezahlen diese Energiepolitik mit den weltweit höchsten
Strompreisen. Und am Ende verfehlen wir trotzdem unsere selbst gesteckten
nationalen Klimaziele. Ist es wirklich verwunderlich, dass uns bei diesem
ineffizienten Alleingang bislang kein Land folgt?
Während wir darüber streiten, ob das letzte unserer rund 100 Kohlekraftwerke im Dezember 2037 oder Januar 2038 schließen soll, werden auf der ganzen Welt neue Kraftwerke gebaut - rund 1400 mit rund 670 Gigawatt Leistung sind derzeit in Planung oder im Bau. Wenn wir der Welt zeigen wollen, dass Klimaschutz und Wirtschaftswachstum kein Widerspruch sind, müssen wir weniger auf nationales Ordnungsrecht und mehr auf marktwirtschaftliche Preisanreize setzen - etwa für die energetische Gebäudesanierung. Auch die deutsche Kreislaufwirtschaft ist ein exzellentes Beispiel für ein Modell, das sich weltweit immer mehr durchsetzt. Kurzum: Wir müssen der Welt konsequent zeigen, dass steigender Wohlstand und sinkender CO2-Ausstoß kein Widerspruch sind. Nur so finden wir Nachahmer, statt zum abschreckenden Beispiel zu werden.
Während wir darüber streiten, ob das letzte unserer rund 100 Kohlekraftwerke im Dezember 2037 oder Januar 2038 schließen soll, werden auf der ganzen Welt neue Kraftwerke gebaut - rund 1400 mit rund 670 Gigawatt Leistung sind derzeit in Planung oder im Bau. Wenn wir der Welt zeigen wollen, dass Klimaschutz und Wirtschaftswachstum kein Widerspruch sind, müssen wir weniger auf nationales Ordnungsrecht und mehr auf marktwirtschaftliche Preisanreize setzen - etwa für die energetische Gebäudesanierung. Auch die deutsche Kreislaufwirtschaft ist ein exzellentes Beispiel für ein Modell, das sich weltweit immer mehr durchsetzt. Kurzum: Wir müssen der Welt konsequent zeigen, dass steigender Wohlstand und sinkender CO2-Ausstoß kein Widerspruch sind. Nur so finden wir Nachahmer, statt zum abschreckenden Beispiel zu werden.
3. Handelspartner,
die innovative Umwelttechnik "Made in Germany" nachfragen
Ein weiterer Schlüssel zur
Lösung der weltweiten Klimaprobleme liegt in Deutschland: Technologie und
Innovation! Die deutsche Wirtschaft kann zwar nicht den Klimawandel alleine
abfedern, sie kann aber der Welt die Technologie zur Verfügung stellen, damit
wir vorankommen.
Jeder, der in den vergangenen Jahren auf der Hannover-Messe war, hat gesehen, zu was gerade unsere Wirtschaft in der Lage ist. Eine klimaneutrale Fabrik, die BASF in China baut, trägt mehr zum Klimaschutz bei als wir in Deutschland mit Fahrverboten je erreichen können. Wir sollten den CO2-Ausstoß nicht verlagern, sondern die Technologien entwickeln, um ihn zu minimieren. Dazu müssen wir Universitäten und Unternehmen bei der Forschung unterstützen, ohne ihnen Technologievorgaben zu machen. Wenn wir wie beim Erneuerbare-Energien-Gesetz Technologien vor hohen Marktrisiken faktisch schützen und mit hohen Renditen belohnen, bremsen wir die Innovationsfähigkeit aus. Bei der Förderung von Antrieben und Kraftstoffen dürfen wir diesen Fehler auf keinen Fall wiederholen und uns nicht als Politik etwa auf Elektromobilität festlegen.
Jeder, der in den vergangenen Jahren auf der Hannover-Messe war, hat gesehen, zu was gerade unsere Wirtschaft in der Lage ist. Eine klimaneutrale Fabrik, die BASF in China baut, trägt mehr zum Klimaschutz bei als wir in Deutschland mit Fahrverboten je erreichen können. Wir sollten den CO2-Ausstoß nicht verlagern, sondern die Technologien entwickeln, um ihn zu minimieren. Dazu müssen wir Universitäten und Unternehmen bei der Forschung unterstützen, ohne ihnen Technologievorgaben zu machen. Wenn wir wie beim Erneuerbare-Energien-Gesetz Technologien vor hohen Marktrisiken faktisch schützen und mit hohen Renditen belohnen, bremsen wir die Innovationsfähigkeit aus. Bei der Förderung von Antrieben und Kraftstoffen dürfen wir diesen Fehler auf keinen Fall wiederholen und uns nicht als Politik etwa auf Elektromobilität festlegen.
Wir stehen vor einer riesengroßen Aufgabe: Wir
müssen den weltweit steigenden Bedarf nach Energie stillen und gleichzeitig die
weltweiten Treibhausgasemissionen schnell und entschlossen senken. Für diese
Aufgabe werden wir Erfindergeist, wirtschaftliche Vernunft und politische
Entschlossenheit brauchen. Jede Maßnahme, die das Klimakabinett am 20.
September beschließt, muss sich daran messen lassen, ob sie uns einer globalen
Lösung für ein globales Problem näherbringt.
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